Fünf kubanische Staatsbürger – „The Cuban Five“ – sitzen seit zwölf Jahren in US-Hochsicherheitsgefängnissen, wegen angeblicher „Verschwörung zur Spionage“ zu Höchststrafen verurteilt. Die Ehefrauen von zwei der Häftlinge besuchten kürzlich Österreich.
Seit vielen Jahren verurteilt die UNO im Herbst regelmäßig mit überwältigender Mehrheit die Blockade der USA gegenüber Kuba. Ende Oktober sprach sich die Generalversammlung neuerlich gegen das Embargo aus, diesmal mit einem Rekordergebnis: die Delegierten von 187 Staaten votierten für eine Aufhebung, nur die USA und Israel stimmten – bei drei Enthaltungen – dagegen.
Begleitend zu dem Versuch, die kommunistische Enklave vor der Haustür wirtschaftlich zu strangulieren, verübten US-Geheimdienste und anti-castristische Organisationen der Exilkubaner zahlreiche Attentate und Terroranschläge in Kuba. In der fast 50-jährigen Amtszeit des Revolutionsführers Fidel Castro wurden nach kubanischen Angaben an die 700 Anschläge auf sein Leben verübt. 1999 beklagte Kuba vor der UNO 3.478 Tote und 2.099 Verletzte auf Grund von in den USA, besonders von den in Miami ansässigen Organisationen der Exilkubaner, geplanten Anschlägen.
„Seit September 1998 habe ich meinen Mann nicht mehr sehen können, da mir die US-Regierung ein Einreisevisum verweigert“, erzählt Adriana Pérez bei einem einwöchigen Aufenthalt in Österreich. Ihr Gatte Gregorio Hernández und vier weitere Kubaner wurden am 12. September vor zwölf Jahren in Miami festgenommen, wo sie exilkubanische Organisationen in Hinblick auf terroristische Anschläge in Kuba beobachtet hatten. Die fünf Häftlinge werden in den Medien häufig als die „Cuban Five“ bezeichnet.
Ebenfalls auf Besuch ist Olga Salanueva, die Ehefrau eines anderen Gefangenen. Sie und Adriana hatten schon mehrmals versucht, ein US-Visum zu erhalten, doch wurden die Anträge immer abgelehnt.
Die „Fünf“ waren für den kubanischen Sicherheitsdienst in Miami aktiv. Olga Salanueva beklagt das Verhalten der US-Justiz: „Es hat mehr als zwei Jahre gedauert, bis der Prozess eingeleitet wurde. Die Verteidigung wurde behindert, die Angeklagten waren von der Außenwelt abgeschnitten, der Fall wurde zu 100 Prozent als Geheimfall klassifiziert; nur 20 Prozent der Akten wurden später zugänglich gemacht, der Rest ist heute noch unter Verschluss.“
Nach internationaler Usance werden der Spionage verdächtige AusländerInnen des Landes verwiesen. Nur selten kommt es zur Verhängung von Gefängnisstrafen. Doch im Fall der „Cuban Five“ handelte es sich um gar keine Spionagetätigkeit. Sie konnten im Prozess glaubhaft nachweisen, dass sie keine Informationen über Fragen der nationalen Sicherheit der USA gesammelt hatten. So musste die Anklage von Spionage in „Verschwörung zur Spionage“ geändert werden. Was allerdings nichts am Strafausmaß änderte. „Die Fünf“ wurden Ende 2001 zu insgesamt ungefähr 200 Jahren Haft verurteilt. Was im Fall von Kuba oder China oder Venezuela in den internationalen Medien zu einem Aufschrei der Empörung geführt hätte, wurde jedoch in diesem Fall kommentarlos übergangen.
Olga Salanueva: „Seit zwölf Jahren herrscht eine Mauer des Schweigens um diesen Fall. Wie kann es nur möglich sein, dass gegen fünf Männer, die in den USA zur Verhinderung terroristischer Aktionen gegen ihre Heimat tätig waren, in einem unfairen Prozess derart hohe Haftstrafen ausgesprochen werden?“
Amnesty International kritisierte die Menschenrechtspolitik der kubanischen Regierung bereits mehrmals. Im Fall der Cuban Five hat sich die Organisation jedoch gegen das Vorgehen der US-Justiz gewandt. „Nach ausführlicher Prüfung des Falles über Jahre hinweg ist die Organisation der Meinung, dass es ernsthafte Zweifel über die Fairness und die Unparteilichkeit des Prozesses gibt, die auch durch das Berufungsverfahren nicht aufgehoben wurden“, schreibt AI in einem im vergangenen Oktober an den US-Generalstaatsanwalt gerichteten 21-seitigen Schreiben. Und im Fall von Gerardo Hernández äußert die Organisation Zweifel über die Beweislage, auf Grund derer der Ehemann von Adriana wegen „Beihilfe zum Mord“ zu zwei Mal lebenslänglich verurteilt wurde. „Amnesty International ruft die US-Regierung auf, den Fall zu überprüfen und alles zu tun, um jegliche Ungerechtigkeit zu vermeiden“, fasst die Menschenrechtsorganisation zusammen.
„Wir fordern Gerechtigkeit, auch wenn sie sehr spät erfolgt“, gibt sich Olga Salanueva immer noch hoffnungsvoll. Doch auch nach der ersten Hälfte der Regierungszeit von Barack Obama gibt es keine Anzeichen auf eine Aussöhnung zwischen den ungleichen Erzfeinden. Mit der republikanischen Mehrheit im Kongress nach den Wahlen Anfang November dürfte eine Entspannung zwischen Washington und Havanna in noch weitere Ferne rücken.
Weitere Informationen zum Fall auf:
www.freethefive.org
www.miami5.de
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